Seit den ersten Meldungen von Fällen von Afrikanischer Schweinepest (ASP) 2014 in den Baltischen Staaten, Polen, der Ukraine und Russland hat sich die Tierseuche weiter ausgebreitet. Aktuell sind, neben grossen Teilen Osteuropas, mit Deutschland seit September 2020, Italien und Schweden auch Staaten in West-Europa betroffen. Der Ausbruch in Italien mit einer Entfernung von nur nach rund 50-60 km zur Schweizer Südgrenze stellt eine akute Gefahr für die Schweiz dar. Für die Schweinehalter im Kanton Luzern besteht jedoch keine konkrete Gefahr, da die Alpen eine wirksame natürliche Barriere darstellen. Importe von Tieren oder tierischen Produkten aus den betroffenen Ländern bergen für die heimische Schweinepopulation jedoch eine grosse Gefahr.
Das ASP-Geschehen in Osteuropa und den angrenzenden Staaten wie der Ukraine und Russland ist weiterhin nicht unter Kontrolle. Aus allen betroffenen Staaten werden weiterhin neue Fälle der Tierseuche bei Wildschweinen und auch bei Hausschweinen gemeldet. Das Überspringen der Seuche im September 2020 von Polen in das deutsche Bundesland Brandenburg, und die weitere Ausbreitung in Nordost-Deutschland, zeigen die grosse Dynamik dieser Tierkrankheit. Im Jahre 2021 erreichte die ASP dann auch den amerikanischen Kontinent, wenngleich bisher auch nicht das Festland. Alle betroffenen Länder erleiden hohe wirtschaftliche Schäden in der Schweineproduktion, selbst wenn die Krankheit «nur» in der Wildschweinepopulation vorkommt und die Hausschweinehaltungen nach wie vor frei sind.
Erfolgsmeldungen dürfen jedoch aus Tschechien und Belgien gemeldet werden. Beiden Staaten ist es mittels enormen Anstrengungen und massiven Massnahmen (Keulung sämtlicher Hausschweine in der infizierten Zone, Verbot der Wiederbestossung dieser Betriebe) gelungen, die Seuche in der Wildschweinpopulation wieder auszurotten. Die akut bedrohten Nachbarstaaten Frankreich und Luxemburg haben sich durch Zäune und Wildschwein-freie Zonen (Bejagung) gegen eine Einschleppung der Krankheit zu schützen versucht, was offenbar gelungen ist.
Die Ausbrüche in Tschechien, Belgien und in West-Polen ereigneten sich jeweils mehrere hundert Kilometer entfernt von anderen ASP-Fällen, sodass man davon ausgehen muss, dass die Verschleppung der Krankheit auf menschliche Faktoren (mit ASP-Virus verseuchtes Material und/oder Fleisch) zurückzuführen ist, und nicht durch infizierte Wildschweine ausgelöst wurde. Gleiches gilt auch für die Ausbrüche in Italien. Eine natürliche Einschleppung kann hier ausgeschlossen werden. Eine Ausnahme bildet der Ausbruch der Seuche im September 2020 im deutschen Bundesland Brandenburg. Hier wurde die Seuche durch wandernde Wildschweine aus Polen, die die Neisse durchschwommen haben, eingeschleppt.
In den bereits seit 2014 von ASP betroffenen Gebieten werden vermehrt Wildschweine mit Antikörpern gegen ASP gefunden. Mehrere aktuelle Studien konnten eine Abschwächung der Virulenz des dort zirkulierenden Virusstammes nachweisen. Dies lässt vermuten, dass die Tiere die Infektion länger überleben und damit als Reservoir fungieren können. Sollte sich diese Vermutung bestätigen würde dies weitreichende Folgen für die Überwachung der ASP in diesen Gebieten nach sich ziehen. Für die Früherkennung in ASP-freien Regionen wie der Schweiz bleibt die Untersuchung von toten Wildschweinen aber nach wie vor am aussagekräftigsten.
Folgen für die Schweiz
Eine gezielte Dezimierung der Schwarzwildpopulation ist ein wichtiger Pfeiler bei der Bekämpfung. Erhöhte Abschussquoten oder Abschussprämien locken Jagdtouristen an. Dabei gehen auch Schweizer Jagdgruppen nach Osteuropa auf Wildschweinjagd und bringen Wildfleisch zurück in die Schweiz. Die Einfuhr von Wildschweinfleisch aus Gebieten in den Restriktionszonen ist verboten, aus Gebieten ausserhalb der Restriktionszonen legal. Dennoch wird dringend davon abgeraten.
Das Risiko einer Einschleppung in die Schweiz bleibt weiterhin hoch und ein Ausbruch von ASP hätte verheerende Folgen für Tiergesundheit und Handel. Präventive Massnahmen sind deshalb sehr wichtig, um die Gefahr einer Einschleppung zu verringern.
Das ASP-Virus ist extrem lange in der Umwelt haltbar, vor allem in Blut, Fleischprodukten und Kadavern infizierter Haus- und Wildschweine. Die grösste Gefahr für einen Eintrag geht von der Einfuhr und Entsorgung bzw. Verfütterung von Schweine- oder Wildschweinefleischprodukten aus, die das ASP-Virus enthalten. Es wird eindringlich vor dem Mitbringen von Schweine- oder Wildschweinefleisch bzw. Fleischerzeugnissen (Schinken, Salami, usw.) aus betroffenen Gebieten gewarnt. Werden Jagdreisen in betroffene Gebiete unternommen, müssen potentiell kontaminiertes Schuhwerk, Kleidung, Gerätschaften, Fahrzeuge vor der Rückkehr sorgfältig gereinigt und desinfiziert werden. Das BLV hat umfangreiche Informationsmaterialien (Poster, Flyer und Faltblätter) mit den wichtigsten Verhaltensregeln zu ASP in verschiedenen Sprachen erstellt.
Reisende
Derzeit besteht das grösste Risiko für eine Einschleppung der Krankheit durch unsachgemässe Entsorgung von kontaminierten Schweine- und Wildschweinfleischprodukten. Die Bevölkerung und namentlich Reisende können viel dazu beitragen, einen Ausbruch der ASP in der Schweiz zu verhindern. Die sichere Entsorgung von Produkten mit Schweine- und Wildschweinfleisch aus von der ASP betroffenen Ländern, schützt den Schweine- und Wildschweinbestand in der Schweiz. So kann das Virus etwa in Reiseproviant in kurzer Zeit über grosse Distanzen hinweg transportiert werden. Reste von Sandwiches aus von ASP-betroffenen Gebieten, die auf Rastplätzen auf den Boden oder in offene Abfalltonnen geworfen werden, sind eine leicht zugängliche und bei Wildschweinen sehr beliebte Nahrungsquelle.
Darum sind Lebensmittelabfälle zwingend in geschlossenen Abfallbehältern zu entsorgen. Am häufigsten wird die Krankheit über in der Natur entsorgte Essensreste mit verseuchtem Fleisch übertragen. Fressen Wild- oder Hausschweine solche Abfälle, kann ein neuer Infektionsherd entstehen.
Früherkennungsprogramm / Seuchenübungen
Um eine Einschleppung von ASP bei Wildschweinen in die Schweiz möglichst früh zu erkennen, hat das BLV 2017 ein nationales Früherkennungsprogramm eingeführt. Im Kanton Luzern waren Jäger und Wildhüter bereits zwei Jahre davor aufgefordert worden, jedes tot aufgefundene, krank erlegte oder beim Aufbruch auffällige Wildschweine zu melden und zur kostenlosen Untersuchung einzusenden.
Zudem bereitet sich der Veterinärdienst Schweiz durch verschieden Übungen auf Stufe Bund und den Kantonen auf einen allfälligen Ausbruch der ASP vor, um bestmöglich gewappnet zu sein.
Der Veterinärdienst Luzern übt regelmässig zusammen mit dem Zivilschutz die Suche und Bergung von Wildschweinkadavern; zuletzt Mitte April 2024 im Bereich Emmen / Rothenburg.
Schutz der Schweinehaltungen
Eine weitere gute Nachricht ist die Tatsache, dass Schweinehalter ihre Tierbestände durch eine strikte Einhaltung von Biosicherheitsmassnahmen (Verfütterungsverbot von Speiseabfällen, Zutrittskontrolle, Hygieneschleuse, sichere Umzäunung) effektiv schützen können.
Deshalb sind alle Schweinehalter aufgerufen ihre Biosicherheitsmassnahmen zu überprüfen, allenfalls anzupassen und einzuhalten (siehe SUISAG Merkblatt – Schutz vor Wildschweinen). Hilfe zur Beurteilung der drängendsten Verbesserungsmöglichkeiten bieten hier die
ASP-Risikoampel der SUISAG oder auch der Biosicherheits Check von www.gesunde-nutztiere.ch.
Bei unklaren Symptomen ist unverzüglich der Bestandestierarzt beizuziehen, der diese mittels Ausschlussuntersuchung auf ASP abklären kann. Schweizweit werden tot aufgefundene Wildschweine sowie Abschüsse von kranken Tieren und Unfallwild im Rahmen des nationalen Früherkennungsprogramms ASP Wildschwein untersucht. Bisher sind diese Untersuchungen (Ausschlussuntersuchung / Früherkennung) immer mit negativem Ergebnis erfolgt. Das aktuelle Vorgehen bei der Probenahme finden Sie im Merkblatt «Nationales Früherkennungsprogramm Afrikanische Schweinepest (ASP) beim Wildschwein: Vorgehen im Kanton Luzern».
Wachsam bleiben!
Bei Tierhaltenden, der Tierärzteschaft, den Jägern, Ferienreisenden und Arbeitnehmern aus dem Ausland auf Bauernbetrieben ist weiterhin erhöhte Aufmerksamkeit angezeigt. Es wird dringend vom Import von Schweine- oder Wildschweinefleisch bzw. Fleischerzeugnissen (Schinken, Salami, usw.) aus allen Gebieten der betroffenen Länder abgeraten, da dies eine potentielle Gefahr für die heimische Hausschwein- und Schwarzwildpopulation darstellt.
Bei unklaren Gesundheitsproblemen auf Schweinehaltungsbetrieben ohne genügende Hinweise auf einen Verdachtsfall wird die Durchführung von Ausschlussuntersuchungen empfohlen.
Stand:19.04.2024